Am Montag führte ich ein Interview mit einem der sympathischsten und authentischsten Menschen aus dem Profiradsport. Trotz seiner Titel ist er immer auf dem Boden geblieben und hat mir meine Nervosität am Telefon durch seine ruhige und offene Art schnell genommen. Maximilian Levy – Der professionelle Radsportler von nebenan.

Frage: Weltmeister – Europameister – Medaillengewinner bei den Olympischen Spielen – Wie fühlt es sich an, der Beste der Welt zu sein?

Antwort: Über diese Frage muss ich etwas schmunzeln. Ja, man hat gewiss Konkurrenz, zum Glück ist es mir schon mehrmals gelungen aber ich habe mich noch nie wie der Beste der Welt gefühlt. Ich bin ein Mensch wie jeder Andere auch. Natürlich habe ich die Erfolge errungen, daß ist immer schön, es entschädigt auch für die ganzen harten Momente die man hat, es ist ja nicht immer nur heiterer Sonnenschein aber das Gefühl, der Beste der Welt zu sein, ist in mir nie aufgekommen. Ich bin also noch nie nach Hause gefahren und habe mich vor den Spiegel gestellt und habe gesagt, „Ich bin der Beste der Welt“. Es ist ja auch eine gewisse Art von Demut und vor allem auch der Respekt vorm Gegner.

Klar, Du bist zwar in dem Moment der Beste der Welt aber das nächste Rennen kommt bestimmt.

Frage: Welchen Deiner Erfolge würdest Du für Dich als Deinen wichtigsten und vor allem emotionalsten Erfolg einstufen und warum?

Antwort: Die wichtigsten Erfolge sind sicherlich immer Medaillen bei den olympischen Spielen, emotional ist einer der schönsten Momente die ich hatte, der Europameistertitel in Berlin 2017, weil ich einfach eine lange Leidensphase vor mir hatte. Ich bin 2014 schwer gestürzt und habe eigentlich zwei Jahre gebraucht, um mich davon zu erholen. Ich hatte mich zwar für die Spiele qualifiziert aber es lief alles nicht so geschmiert, wie ich es mir vorgestellt hatte. Hab mir dann Anfang 2017 das Schlüsselbein gebrochen und wollte da eigentlich meine Karriere schon beenden, hab mich dann trotzdem durchgerungen, daß nicht zu tun und die EM in Berlin mitzunehmen. Habe da sehr viel leiden müssen auf dem Weg dorthin, hab dann aber eben dieses Rennen dort gewonnen, daß war natürlich der emotionale Höhepunkt, zumal ich vor 20 Jahren dort das erste Mal auf der Bahn gefahren bin.

Frage: Für viele Radsportfans bist Du zu einem Vorbild geworden, hast Du selbst auch noch V orbilder?

Antwort: Natürlich hatte ich in der Kindheit Vorbilder, die hauptsächlich aus dem Radsport kamen, aber das ist sicherlich auch das Problem meiner Generation, denn wir müssen auch heute noch für die vermeintlichen Vorbilder einen hohen Preis bezahlen. Ich habe mir immer versucht die guten Sachen der Athleten herauszunehmen, aber Vorbilder habe ich momentan nicht.

Frage: Wenn man erfolgreicher Sportler ist wie Du, gibt es da eigentlich echte Freundschaften im Sport und wenn ja, wen würdest Du als Deinen Freund bezeichnen?

Antwort: Ja absolut. Natürlich ist man im Wettkampf Konkurrent aber deshalb kann man ja trotzdem privat befreundet sein. Gerade jetzt bin ich mit der Nationalmannschaft unterwegs und wir müssen ja auch zusammen trainieren. Und wenn du zehn Jahre mit jemanden im Trainingslager das Zimmer teilst, natürlich entsteht da auch eine Freundschaft, die über den Leistungssport bestand hat.

Frage: Hat man bei diesen Erfolgen eigentlich noch Ziele und wenn ja, welche wären das?

Antwort: Ja klar aber es ist ja auch so, dass man, wenn man so ein großes Event gewonnen hat, kannst du am nächsten Tag nicht einfach umschalten und fragen, was ist das Nächste?!
Das ist so eine Journalistenfrage, dass wenn du vom Rad steigst, bei den olympischen Spielen und die Leute fragen dich, was machst du als Nächstes?! Ich habe mein ganzes Leben auf den Tag ausgerichtet, bei den olympischen Spielen am Tag X voll da zu sein.
Und deshalb dauert es natürlich eine Weile, bis man das alles reflektiert hat und sich neue Ziele setzt. Am Ende des Tages geht es ja nicht darum, mich immer weiter zu verbessern. Solange ich das

Gefühl habe, ich kann mich nach wie vor verbessern, bin ich immer motiviert gewesen, weiterzumachen. Klar, ich wollte damals eigentlich aufhören mit der WM 2017 in Hongkong, die konnte ich ja nicht fahren, weil ich mir das Schlüsselbein gebrochen hatte, dann eben die EM, wo ich dachte, ok, fahr ich das letzte große Ding. Ich fahre für mein Leben gerne Fahrrad und hab mir dann eben immer wieder neue Situationen geschaffen, auf die ich Lust hatte, bin dann mal eine Weile 4er Mannschaft gefahren, bin dort auch Vizemeister geworden, zumindest in Deutschlandund habe mich einfach wieder neu kennengelernt und daraufhin festgestellt, Mensch, das liegt mir, bin dann aber immer wieder auf den Punkt gekommen, ich habe immer noch Bock auf Weltklasse.

Frage: Was steht für Dich dieses Jahr ganz oben auf der Agenda?

Antwort: Ja, die olympischen Spiele. Da will ich natürlich dabei sein und das Beste geben. Ist ja eine schwierige Situation diesmal.
Ich will auch diesmal versuchen, eine Medaille zu bekommen, ich weiß aber wie schwierig das momentan ist.