Vor mehr als 16 Jahren, genau kann ich mich gar nicht erinnern, bin ich Tobias das erste Mal begegnet. Es war bei irgendeinem Radrennen, wo auch er teilnahm. Kurze Zeit später kontaktierte ich ihn per E-Mail und solange er professionell Rad fuhr, blieben wir auch in Kontakt. Leider brach er nach seiner Profikarriere beim T-Mobile Team ab. Noch heute besitze ich einige Raritäten aus seiner aktiven Zeit, wie beispielsweise seinen Radhelm aber auch andere Dinge wie Trikots und Teamsachen ließ er mir per Post damals zukommen. Er war immer ein freundlicher und zuvorkommender Mensch, sowohl bei Radrennen aber vor allem auch abseits des Profitrubels. Um so mehr freut es mich, dass ich nun wieder Kontakt zu ihm aufbauen konnte. Zu verdanken habe ich das Georg, seinem Sohn, welcher ebenfalls Rad fährt. Vielleicht ergibt sich auch hier die Möglichkeit eines Interviews. 

Und hier nun mein Interview mit Tobias. 

Frage: Tobias, wenn ich richtig informiert bin, hast Du 2005 Deine Karriere als Radprofi beendet. Wie geht es Dir heute und was machst Du jetzt?

Antwort: Ja, 2005 war meine letzte Saison als Radprofi. 2007, nach dem Abschluss meiner Meisterprüfung als Schlossermeister, habe ich den elterlichen Metallbaubetrieb übernommen. Den führe ich immer noch. Allerdings waren wir 2007 zu siebt, jetzt sind wir 21.

Frage: Fährst Du immer noch so gern Rad oder hast Du Dein Rad gänzlich an den Nagel gehängt?

Antwort: Ich fahre immer noch sehr gerne Rad, leider fehlt mir etwas die Zeit.

Frage: Wie ist es eigentlich zu Deinem Karriereende gekommen? Wolltest Du kein Rad mehr fahren?

Antwort:  Obwohl 2005 eigentlich alles perfekt war, habe ich gespürt, dass nun der richtige Moment ist, sich vom Radsport zurückzuziehen. Das Radfahren hat mir auch damals immer noch sehr viel Spaß gemacht, aber es fiel mir immer schwerer von der Familie weg zu sein (verheiratet und 3 Kinder ). Wenn man nicht 100% hinter dem Leben als Radsportler steht, dann wird es schwierig und nur einen Vertrag wegen dem Geld zu unterschreiben war/ist nicht mein Stil.

Frage: Dein Sohn Georg, über den ich glücklicher Weise wieder Kontakt zu Dir aufbauen konnte, tritt auch kräftig in die Pedale. Du scheinst ihm gute Gene vererbt zu haben oder?

Antwort: Er ist auf alle Fälle nicht talentfrei. Mich freut sehr, wie er aus seinem eigenen Antrieb auf seine Ziele fokussiert. Wir können ihn nur so gut es geht unterstützen, aber vor allem im Training muss er sich selbst organisieren und „durchbeißen“. Bei Tirol KTM ist er bei einer sehr guten U23 Mannschaft untergekommen, aber eine Trainingsgruppe mit geregelten Abfahrtszeiten usw. gibt es bei uns in der Gegend leider nicht. Außerdem macht Georg noch eine Lehre und das macht die Geschichte nicht gerade leichter. Um alles unter einen Hut zu bringen muss er von sich aus hoch motiviert sein, sonst wird das nichts.

Frage: Pflegst Du eigentlich noch Kontakte zu ehemaligen Mannschaftskameraden oder generell in die Radsportszene?

Antwort: Nicht wirklich. Am Meisten Kontakt habe ich noch zu Michele Bartoli, Harald Morscher, Michael Rich und Jan natürlich. Ab und zu noch zu Jens Voigt. Seit Georg in der U19 bei internationalen Rennen dabei war, haben wir ihn ein paar Mal begleitet. Bei den Rennen habe ich immer mal wieder alte Kollegen getroffen und das war immer sehr nett. Seit ich aufgehört habe sind aber halt schon über 15 Jahre vergangen und jeder macht nun sein eigenes Ding…und da ist es ganz normal, dass die Kontakte nicht mehr so eng sind wie früher, als man das ganze Jahr zusammen unterwegs war.

Frage: Nach Deiner Karriere warst Du ja im Unternehmen mit Jan Ullrich Rennrädern tätig. Ich weiß, dass Du mit Jan, nicht nur durch die Heirat von Sara und Jan, ein freundschaftliches Verhältnis pflegtest, letztlich ja auch, weil Ihr damals bei T-Mobile in einem Team fuhrt. Hat sich an Euerm Verhältnis in den Jahren etwas geändert und habt Ihr überhaupt noch Kontakt?

Antwort: Wie vorher schon gesagt treffe ich Jan noch ab und zu, aber er wohnt in der Nähe von Freiburg und ich in Scheidegg. Unser Verhältnis hat sich natürlich etwas geändert, das liegt aber eher an den Punkten, die ich vorher schon beschrieben habe.

Wir haben uns 1990 beim ersten gemeinsamen Trainingslager von „Ost“ und „West“ kennengelernt und waren uns immer freundschaftlich verbunden – obwohl wir nie gemeinsam in einer Mannschaft fuhren. Erst 2003, nachdem sich Jan meiner Art der Winter-Saisons-Vorbereitung angeschlossen hat, wurden wir Teamkollegen.

Frage: Bist Du der Meinung, dass sich der heutige Radsport, hingegen zu Deiner damaligen aktiven Zeit viel verändert hat und damit meine ich nicht nur das Material?

Antwort: Ja, das hat sich schon verändert, jetzt ist alles noch professioneller. Vor allem werden die Fahrer immer früher an das „Profileben“ herangeführt und der Wechsel von der U19 in die U23 ist manchmal schon dasselbe, wie damals von den Amateuren zu den Profis. Bei meiner ersten Tour de France war ich 24 Jahre alt und damals eher einer der jüngsten. Heutzutage denken manche, wenn sie mit 21 noch kein Profi sind, dann wird es nichts mehr. Aber nicht jeder ist ein Evenepoel, Bernal, oder Pogacar. Außerdem halte ich nichts davon, wenn ein junger Mensch mit 19 schon alles hinterhergetragen bekommt. In dieser Phase der Entwicklung sollte man meiner Meinung nach auch noch sehen, dass es ein „wirkliches“ Leben gibt.

Ich bin mal gespannt, wie lange die jungen Superstars fahren und was sie nach ihrer Karriere machen. Ich kenne leider einige, denen der Wechsel vom Profileben zum „normalen“ Leben nicht gut gelungen ist. Natürlich gibt es aber auch viele, die auch nach ihrer Karriere erfolgreich und zufrieden sind. Ich denke das ist Charaktersache und wenn der Charakter in jungen Jahren nicht geschult wird, dann könnte es später umso schwieriger werden.

Frage: Was möchtest Du dem heutigen Radsportnachwuchs mit auf dem Weg geben?

Antwort:  Ich glaube nicht, dass der Nachwuchs Tipps von einem braucht, der schon lange nicht mehr im „Business“ ist. Ich hoffe nur, sie haben genauso viel Spaß am Sport, wie ich ihn hatte. Und ich wünsche Ihnen, dass sie die ganzen Erlebnisse und Eindrücke, die sie in der Zeit als Sportler sammeln, in ihr Leben „nach dem Sport“ mitnehmen.

 

Lieber Tobias, ich danke Dir sehr für Deine Zeit und wünsche Dir von Herzen alles Gute.